Die Prägung unseres Verhaltens und Bewusstseins für Umwelt, Natur und
Soziales findet bereits maßgeblich durch Erfahrungen und Begegnungen in
unserer Kindheit statt. Daher ist der Kontakt mit der Tier- und
Pflanzenwelt innerhalb des Kindergarten- und Schulbetriebs besonders
wichtig. Das grüne Klassenzimmer soll die Werte vermitteln und Kindern
helfen zu erkennen:
Umwelt ist etwas Interessantes, Wertvolles und Liebenswertes!
Der Gedanke im Rahmen eines „grünen Klassenzimmers“ Kindern und
Jugendlichen die zunehmenden Veränderungen und Ansprüche an Natur und
Umwelt zu vermitteln ist nicht neu. Mehr und mehr wächst in Kindergärten
und Schulen der Wunsch, anhand eines handlungsorientierten Unterrichts
diese Zusammenhänge zu erfassen und zu „spüren“.
Konzept des handlungsorientierten Unterrichts ist hierbei eine aktive
Auseinandersetzung mit zahlreichen Themen aus Natur und Umwelt mit dem
Ziel, Erfahrungs- und Handlungsspielräume zu schaffen und somit die
Trennung von Schule und Leben ein Stück weit aufzuheben.
„Lernen mit Kopf, Herz und Hand“
(J. H. Pestalozzi, 1746-1827).
Das Konzept des „Grünen Klassenzimmers“ wurde bereits mehrmals von der
UNESCO als offizielles Projekt der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige
Entwicklung“ ausgezeichnet. Die Bedeutung eines solchen Projektes im Rahmen
der Bildung und Erziehung ist unumstritten.
Das sogenannte Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit vereint hierbei
folgende didaktische Aspekte des grünen Klassenzimmers:
- Ökologische Nachhaltigkeit
Hier werden im Wesentlichen über die klassische Naturpädagogik hinaus
ökologische Fragestellungen zur Ökologie und zum Klima bearbeitet und unser
Abhängigkeitsverhältnis zur Natur erörtert.
Hierbei steht ganz klar das Ziel im Vordergrund, Kindern und Jugendlichen
einen verantwortungsvollen Umgang mit Natur und Umwelt zu vermitteln.
- Ökonomische Nachhaltigkeit
Eine Sensibilisierung für lokale und globale Ungerechtigkeiten und Nöte soll durch Themen wie Land-, Forstwirtschaft aber auch Gesundheit und Konsumverhalten im Rahmen der Ökonomieerziehung im grünen Klassenzimmer stattfinden.
- Soziale Nachhaltigkeit
Durch eine alternative Unterrichtsstruktur werden die Aufnahmebereitschaft
gesteigert, Lernen mit Spaß verbunden und Gestaltungskompetenzen gefördert.
Schüler übernehmen Verantwortung.
Als Lernort bietet das „Grüne Klassenzimmer“ Spiel- und
Experimentierflächen und gibt den Kindern Raum für Fragestellungen und
Erörterung nachhaltiger Themenbereiche. Projekte können aus Inhalten des
Schulunterrichtes entwickelt und in einem handlungsorientierten
Zusammenhang erarbeitet werden.
Hierzu zählen z.B. naturkundliche Beobachtungen, ganzjährige Begleitung von
verschiedenen Vegetationsperioden mit der Möglichkeit dem natürlichen
Forscher- und Bewegungsdrang nachzukommen.
Natürlich entwickelt sich ein solches Klassenzimmer im Laufe der Zeit und
lebt von neuen Ideen. Eine zielorientierte, experimentelle
Erlebnispädagogik sollte daher im Wesentlichen durch die Schulen und
Kindergärten umgesetzt werden, um den Ansprüchen eines „Erwachens“ für
umweltrelevante Prozesse gerecht zu werden.
Wie kam es zu der Idee des „Grünen Klassenzimmers“?
Bei der sog. Bulach’schen Wiese, einer Ausgleichsfläche der Gemeinde
Heikendorf (geschützter Biotopbereich nach §30(2)2.Bundesnaturschutzgesetz)
handelt es sich um eine brachgefallene, innerörtliche Pferdeweide aus der
ein Sumpfbiotop auf Niedermoorboden entstanden ist.
Lange wurde diese Wiese, wie zahlreiche weitere Wiesen in und um Heikendorf
auch, als landwirtschaftliche Nutzfläche von naheliegenden Bauern genutzt.
Aufgrund der zunehmenden Ausdehnung des Ortskerns von Heikendorf und der
Besiedelung vieler „alter“ Wiesen, nahm die Anzahl dieser Grünflächen mehr
und mehr ab. Als Einzige blieb die Bulach’sche Wiese übrig, konnte jedoch,
aufgrund ihrer isolierten Position, kaum mehr sinnvoll für
landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden und stand einem interessierten
Pächter zur Verfügung.
Im Rahmen eines neuen Bebauungsplanes entschied die Gemeinde Heikendorf vor
einigen Jahren diese Wiese zukünftig als Ausgleichsfläche festzuhalten,
gewährte jedoch dem langjährigen Pächter weiterhin die Nutzung und Pflege
als Pferdekoppel.
Bedingt durch die allmähliche Nutzungsaufgabe des Pächters, wurde die
Bulach'sche Wiese in den letzten Jahren immer mehr sich selbst überlassen;
Mäh- und Pflegearbeiten fanden immer weniger statt und daraus resultierte
Wildwuchs und eine zunehmende Verschilfung von Teilen dieser Feuchtwiese.
In Gesprächen mit der Gemeinde Heikendorf und der BUND-Ortsgruppe
Heikendorf/Mönkeberg wurden Vereinbarungen getroffen, um die Fläche zu
pachten, zu entwickeln und den früheren naturnahen Zustand mit der
Ausrichtung auf eine extensive Nutzung wiederherzustellen und sie künftig
auch als sog. „Grünes Klassenzimmer“ zu nutzen.
Bei der Flächenentwicklung geht es dabei im Einzelnen um die Realisierung
folgender Zielvorstellungen:
Die auf dem gemeindeeigenen Teil der Bulach'schen Wiese
vorhandene/entstehende Streuobstwiese bildet zusammen mit der jetzt schon
seit einigen Jahren ungenutzten Pachtfläche gute Voraussetzungen zur
Weiterentwicklung als Lebensraum für Honig- und Wildbienen. Durch gezielte
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen besteht die Chance, hier die
Artenvielfalt deutlich zu verbessern. Pflanzen und Blühpflanzen, die
besonders in Städten rar geworden sind, sowie regionale, einheimische
Acker- und Wildkräuter sind für Wildbienen überlebenswichtig. Nur hier sind
Pollen und Nektar für die Tiere zugänglich. Auf der Bulach'schen Wiese
könnte ein wichtiger innergemeindlicher Lebensraum für Honig- und
Wildbienen entstehen, der zur Sicherung des Fortbestandes der genannten und
weiterer Arten beitragen soll. Die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sind
daher ebenfalls wichtiger Bestandteil des „Grünen Klassenzimmers“.
Konzeptionelle Ãœberlegungen der Initiatoren des Vorhabens im Sinne dieses
Konzeptes wurden mit allen Beteiligten abgestimmt. Die Gemeindevertretung
Heikendorf hat mit Beschluss ihrer Sitzung vom 11.03.2015 der Errichtung
des Grünen Klassenzimmers zugestimmt.
Mit finanzieller Unterstützung der Umweltlotterie BINGO! erfolgte
die Umsetzung des Projektes.
Was ist ein „Grünes Klassenzimmer“?
Das grüne Klassenzimmer soll in seiner Funktion als Lernort von Schulen und
Kindergärten gesehen und genutzt werden. Unter dem Motto: „Raus aus dem
Klassenzimmer – rein in die Natur“ steht vor allem das Mitmachen für Kinder
und Jugendliche im Vordergrund. Im „Grünen Klassenzimmer“ können Kinder vom
Kindergarten- bis zum Grundschulalter und bei Bedarf auch noch darüber
hinaus die Natur und ihre Vielfalt entdecken und erleben. Statt Theorie im
Klassenzimmer geht es darum, draußen in der Natur praxisnah Lebensräume wie
Obstwiese, Knick, Bach, Baum, Strauch und vieles mehr zu entdecken und zu
untersuchen. Durch die unmittelbare Nähe zur Natur sollen Interesse,
Neugier, Wahrnehmungsvermögen und Engagement für die hier vorhandenen
naturräumlichen Gegebenheiten und den Schutz von Natur und Umwelt
schlechthin geweckt werden.
Für Lehrkräfte und Erzieher soll das „Grüne Klassenzimmer“ mit seinen
vielfältigen Lernangeboten eine optimale Ergänzung und Vertiefung zum
herkömmlichen Schulunterricht oder zu den Arbeitsthemen in den
Kindertagesstätten sein.
Das „Grüne Klassenzimmer“ - ein praxisnahes Angebot für kleine und große
Naturforscher.
Wo befindet sich das „Grüne Klassenzimmer“ in Heikendorf?
Eingebettet zwischen dem Fördekindergarten/Heikendorf im Norden und der
Hindenburgstraße im Süden befindet sich das „Grüne Klassenzimmer“ auf einem
überschaubaren Bereich der Bulach’schen Wiese.
Der Zugang erfolgt vom „Quellengrund“ Ecke „Mühlenstieg“ aus.
Ein kleiner Holzschuppen und 3 Tische mit jeweils 2 Bänken stehen den
Besuchern des „Grünen Klassenzimmers“ als Sitz- und Arbeitsgelegenheit zur
Verfügung. Der kleine Schuppen bietet im Wesentlichen Platz für die
Lagerung von Arbeits- und Informationsmaterial. Eine Begrünung seines
Daches sorgt für eine natürliche Anpassung an die Umgebung. Der Bereich vor
dem Schuppen kann bei Bedarf mit einem Regen- bzw. Sonnensegel überspannt
werden und dient so als einfache Unterschlupfmöglichkeit z.B. bei
schlechtem Wetter oder zu starker Sonneneinstrahlung.
Wer kann das „Grüne Klassenzimmer“ nutzen?
Grundsätzlich können alle Kindergärten und Schulen des Ortes sowie auch die
BUND-Ortsgruppe Heikendorf/Mönkeberg (u. a. für die Projekte „Lesen im
Gebüsch“ in Kooperation mit der Gemeindebücherei Heikendorf,
Vogelstimmenexkursion und Wiesenführungen) dieses Angebot nutzen.
Die Initiatoren verstehen sich dabei primär als Ideengeber, Unterstützer
und Verantwortliche für die Entwicklung der Fläche und die Bereitstellung
der erforderlichen Infrastruktur.
Für die geplante Bildungsarbeit insbesondere hinsichtlich didaktischer und
pädagogischer Belange können Schwerpunkte, Themenbereiche sowie im
Einzelfall geplante Projekte in Zusammenarbeit mit Schule und Kindergärten
entwickelt werden (z.B. Durchführung von Projektwochen).
Um Externen einen eigenverantwortlichen Unterricht zu ermöglichen, wurden
umfangreiche Literatur- und Unterrichtsangebote sowie Spiele und weitere
Umweltbildungsmaterialien zu diversen Themen erarbeitet und stehen den
Besuchern im Holzschuppen zur Verfügung.
Voranmeldung erwünscht
Um einer unkontrollierten Nutzung sowie Vandalismus im Bereich des „Grünen Klassenzimmers“ vorzubeugen, sind entsprechende Voranmeldungen zwingend erforderlich.
Welche Themenbereiche umfasst das grüne Klassenzimmer?
Das grüne Klassenzimmer soll in seiner Funktion als Lernort von Schulen und
Kindergärten gesehen und genutzt werden. Es gibt in Abstimmung mit diesen
Institutionen als auch dem BUND (Ortsgruppe) vorbereitete Themenbereiche
aus einem Themenkatalog, die von den Kindern und Jugendlichen behandelt
werden können. Dennoch ist eines der wesentlichen Ziele dieses alternativen
Klassenzimmers als Lernort, die Selbstständigkeit der Schüler zu fördern
und somit auch die Themenfelder an den Schulunterricht und die Interessen
der Kinder und Jugendlichen ständig anzupassen. Das Klassenzimmer bietet
Raum, Möglichkeiten, Hilfsmittel und Ideen – die Lehrer und Schüler
erarbeiten die Beiträge.
Beispiele für Projekte und Themenfelder innerhalb des grünen Klassenzimmers
sind beispielsweise:
Pflanzenkunde/Geobotanik/Zoologie:
Die Bulach’sche Wiese als geschützter Biotopbereich liefert genügend
Material, um zahlreiche Pflanzen und Tiere und deren Funktion im
ökologischen Gesamtkontext zu erfassen und zu beobachten.
Anhand von Bestimmungsbüchern und Schautafeln können Informationen über
umliegendes Pflanzenmaterial gesammelt werden und sogenannte Zeigerpflanzen
für Geologie und Bodenzusammensetzung der Wiese ermittelt werden.
Gefäße für das Sammeln von Probenmaterial sowie Kescher, Becherlupen und
Pflanzenpressen stehen in der Hütte zur freien Verfügung.
Im Knickbereich der Bulach`schen Wiese befinden sich eine Vielzahl an
heimischen Bäumen und Sträuchern, die zu Bestimmungsübungen genutzt werden
können.
Streuobstwiese
Der Lebensraum Streuobstwiese mit unterschiedlichen Obstgehölzen steht zur Erforschung bereit.
Honigbiene:
Ein Kernelement bei der Gestaltung des „Grünen Klassenzimmers“ ist die Bedeutung der Imkerei und somit der Honigbiene mit ihrem erheblichen Beitrag für das ökologische Gleichgewicht in Flora und Fauna sein. Bei diesem Thema geht es nicht nur um die Produktion von Honig, sondern auch um die unentbehrliche Rolle der Biene bei der Bestäubungsleistung für unsere Kultur- und Wildpflanzen. Um dies im Gesamtkontext darzustellen wird neben den bereits positionierten sechs Bienenstöcken der Aufbau eines Bienenvolkes mit den verschiedenen Bienenwesen und deren Aufgaben anhand eines Lebendschaukastens gezeigt.
Nach Absprache können Vorträge des Imkers vereinbart werden.